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Weiterer Verlauf : GENUG ist GENUG

Ellen Rohlfs

Dienstag 18. April 2006

I. Diese Dokumentation wirft noch andere schwerwiegende Fragen auf.

Warum geschieht diesen Menschen dieses unglaubliche, unbeschreibliche Leid durch die israelische
Regierung und durch israelisches Militär? (Und ich habe längst nicht alles aufgelistet.!!) Warum wird ihnen
ein normales Leben in Frieden und Sicherheit vorenthalten? Warum haben sie weniger Rechte als andere?
Warum gelten für sie die Menschenrechte und das Völkerrecht nicht? Warum müssen die ( ca. 60) UNResolutionen,
die die besetzten palästinensischen Gebiete betreffen, nicht eingehalten werden, wie man es
z.B. von Saddam Hussein (für die Irak betreffenden Resolutionen) forderte? Warum schaut die Welt über
dieses Leid, über die seit Jahrzehnten andauernde Traumatisierung eines ganzen Volkes durch Staatsterror
hinweg? Warum darf die israelische Regierung den Friedensprozess in „Formaldehyd legen“ , ihn in die
„nächste Generation“ vertagen, ohne dass empört reagiert wird? Warum wird in EU- und US-Medien von
der lebensbedrohenden Existenz der Palästinenser kaum berichtet, auch nicht vom gewaltfreien Widerstand,
an dem Israelis und Internationale aus Solidarität teilnehmen, vielerorts gegen die Besatzung und gegen die
Mauer? (Vgl. John Petrovato, 4.3.06 „Where is Palestinian Gandhi?“ www.imenc.org) Warum darf die EU ihren
Bericht über Ost-Jerusalem vom Oktober 2005 geheim halten? 1000 unbeantwortete Fragen, die wir als
Deutsche nicht laut stellen dürfen, ohne des Antisemitismus’ angeklagt und verdächtigt zu werden ....
Nur weil diese Fragen das palästinensische Volk und kein anderes Volk betreffen - als ob Palästinenser keine
Menschen wären: sie sind jedoch die späten, indirekten Opfer des Völkermords der Nazis am jüdischen
Volk - obwohl sie mit diesem Völkermord nicht das geringste zu tun hatten.
Das sog. Judenproblem hat Europa mit Hilfe britisch imperialer Interessen (Tom Segev) mit der Balfour-
Erklärung 1917 in den Nahen Osten exportiert und für sich „entsorgt“ - denn keiner der westeuropäischen
Länder wollte die sog. Ostjuden aufnehmen. Da es nun eine mythisch-religiöse Verbindung der jüdischen
Religion zu Jerusalem gab - auch wenn sie 2000 Jahre zurückliegt - lag es nahe - und vor allem im
kolonialen Interesse der Briten - dort eine jüdische Heimstätte neu zu errichten. Auf diese Weise
„bewältigen“ nun viele Deutsche, (Politiker, Theologen, viele Christen, die Israel unkritisch unterstützen
...) auf dem Rücken und auf Kosten des palästinensischen Volkes ihre „Vergangenheit“ oder „leisten
Wiedergutmachung“; denn wer sich kritisch gegenüber der Politik der israelischen Regierung äußert, wird
als Antisemit gebrandmarkt ( vgl. Ilan Pape: Brief an Blair, 9.05 und N. Finkelstein: „Antisemitismus als politische
Waffe“, März 2006). Also schweigen viele - und machen sich neu schuldig. Gideon Levy aber sagt (1.11.05 in
taz), jeder solle Israel kritisieren.
Man schaue sich jetzt noch einmal die auf S.3 genannten Punkte 1-4 im 1. Abschnitt der UN-Konvention
über Völkermord und die Definition von Völkermord nach dem israelischen „Crime of Genocide Law an
und beurteile selbst, ob meine ungeheuerliche Frage am Anfang dieser Überlegungen und Recherchen
unverantwortlich übertrieben oder berechtigt war.
Und warum schleichender Völkermord?
„Es ist Israels Ziel, die Palästinenser von der internationalen Tagesordnung verschwinden zu lassen, damit
das Gemetzel, die Aushungerung, die Zwangsvertreibung und die „Auswanderung“ ungestört ihren
Fortgang nehmen können, was dann möglicherweise zur Verwirklichung von Sharons lang gehegten
Visionen führen könnte ....“ (Tanya Reinhart, Entfesselung des Bösen, Mid-east-realities, 17.12.01).
Prof. Adi Ophir antwortet auf ein Interview mit Benny Morris unter dem Titel: „Genocide hides behind
expulsion“ (Haaretz, supplement vom 9.1.2004).”..transfer is being carried out slowly by the ministry of the
interior .....by sophisticated means ....“ („Stimmen isr. Dissidenten“, S. 130). Amira Hass (16.1.05 „Die
Totalität des Schadens wird nicht wahrgenommen, weil sie nur nach und nach - auf weite Gebiete verteilt -
geschieht und man sich daran gewöhnt hat - sie sind dann auch keine Nachricht mehr wert.“ “Every week a
few shacks are demolished“ heißt es in einem Bericht über den schleichenden Prozess der Vertreibung der
Beduinen im Negev - so fällt es nicht auf. „ Auch Gadi Algazi (Haarez) schreibt: „transfer isn’t a dramatic
moment ... but a continuing strangulation under closure and sieges...” Ich wiederhole:
Shulamit Aloni hat ganz sicher recht, wenn sie die rhetorische Frage stellt: „Wer sagt denn, dass ein
Genozid immer nach dem gleichen Muster abläuft?“
Hier wird ein Volk oder der Teil eines Volkes (heute 3,5 Mill,), der in seiner alten Heimat Palästina blieb,
nicht innerhalb weniger Jahre mit Hilfe industrieller Mittel eliminiert, (es gibt keine Gaskammern!) sondern
sehr, sehr langsam - peu á peu - auf viele verschiedene, raffinierte (sophisticated!) Weisen arbeitslos,
frustriert, wütend, krank, behindert gemacht, traumatisiert, ausgehungert, kaputt und zunichte gemacht, kurz
„annulliert“. Die gleichgültige, einseitig oder gar nicht bzw. halb informierte Welt nimmt dies kaum wahr

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bzw. nur die Terrorakte der Palästinenser, über die besonders schrecklich und ausführlich berichtet wird -
über die tagtäglichen brutalen Akte des isr. Staatsterrors hört man nur nebenbei als Reaktion - es ist aber
genau umgekehrt. Von Pressefreiheit kann nicht die Rede sein (Reporter ohne Grenzen)
Darum kann ich - die obszöne deutsche Geschichte immer erinnernd - die Entwicklung des Nahostkonfliktes
nur mit großer Sorge als eine Tragödie für beide Völker, die Israelis wie die Palästinenser,
beobachten: hier handelt es sich nicht mehr „nur“ um „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, sondern
schon um schleichenden Völkermord. Und zwar derart schleichend (s. Amira Hass, 10.11.05), dass dies -
eben durch Täuschung und Lügen (nicht nur) in den isr. Medien - nicht einmal die israelische Bevölkerung
bemerkt: (eine Israelin aus Jerusalem fragte neulich, Nov.2005, bei Freunden ganz irritiert, von was für einer
Mauer sie denn reden) oder nur wenige, die kritisch das Vorgehen ihrer Regierung verfolgen und aktiv gegen
die Besat-zungspolitik angehen. „Das Leid der Palästinenser kommt in den israelischen Medien so gut wie
gar nicht vor“, sagt Gideon Levy in Haaretz - und nach Alison Weir auch nicht in den USA-Medien
(www.imemc.org/content/view/ 16309/1 ) Und William Cook : „This barbarity one does not expect from the
people, who cried for protection from fascist forces when they were under siege“ (IMEMC, 24.3.06)
Es bleibt mir nichts anderes übrig, als auf das zum Himmel schreiende Unrecht, das dem
palästinensischen Volk geschieht, aufmerksam zu machen - noch dazu, wo die Regierung Israels im
Sommer 2005 klar sagt, dass ein Friedensprozess „ in Formaldehyd gelegt“ bzw. in „die nächste
Generation“ d.h. auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben wird - wenn die „ facts on the ground“
nicht mehr zu verändern sind, und es nichts mehr gibt, worüber mit den Palästinensern zu verhandeln
wäre.
II Noch eine wichtige Frage:
Wie wirkt sich diese brutale Besatzung auf die israelische Gesellschaft selbst aus?
1.)Zunächst sind etwa 1100 unnötige israelische Opfer palästinensischer Selbstmordanschläge zu beklagen -
(„Opfer meiner isr. Regierung, die nicht zum Frieden findet“ sagte Nurit Peled nach dem Tod ihrer Tochter und genau
so Amir A. nach einem Attentat auf seinen Bus, nun querschnittsgelähmt. ( vgl. Yitzhak Laor, 9.3.06, Haaretz)
2.)Beim Militär werden immer mehr Selbstmorde von Soldaten begangen.
3.). Zusätzlich kommt die völlig überproportionierte Finanzierung des Militärs (Haaretz 19.10.05 Y.Cohen/
Shuky Sadeh), der Siedlungen (2005 nur zur Siedlungserweiterung 550 Mill $), Siedlerstraßen; allein zur
Evakuierung der Siedler im Gazastreifen 10 Milliarden $); der Mauer (3,4 Milliarden $); der neuen
Checkpoints/Terminals (38 Mill.$), 10 Mill. allein für die Evakuierung der Sieder aus dem Gazastreifen und
damit zusammenhängend
4. die unverantwortliche Vernachlässigung der sozial Schwachen („Jedes 3. isr. Kind gehe hungrig zu Bett“ liest
man täglich in Inseraten von Haaretz; A.B. Yehoshua, Haaretz 16.12.05 The moral choice). Die Armut in Israel sei
allein in den letzten 5 Jahren um 45% gestiegen (Haaretz, 22.1.06, Poverty -Report, Haaretz, 24.1.06).
5.)Die Militarisierung der Bevölkerung ab Kindergartenalter deckt New Profile auf; auch Amiram Oren,
27.11.05 www.geo.haifa.ac.il; und
6.) es ist vermehrte allgemeine, sogar tödliche Gewalt gegen isr. Frauen (38 Morde durch Waffen von
Soldaten und Sicherheitsleuten) zu beklagen. Und Nehemia Strasler schreibt (21.3.06): “Violence spread
like wildfire in our society”
Immer mehr Israelis sehen eindeutig die latente Gefahr der unterdrückerischen Besatzung auch für das
eigene Volk, ja, für das Judentum selbst und - es sind vor allem Leute aus den Menschenrechts- und
Friedensgruppen, ja, sogar Holocaustüberlebende, die auf diese Gefahr aufmerksam machen. Doch wer will
sie hören? Eine der Machsom-Watch-Frauen drückt dies sehr deutlich und ehrlich in einem Brief (Nov.
2005) an eine der mit mir befreundeten „Frauen in Schwarz“ aus:
„....Dies ist für mich schockierender als die Tatsache, dass General Halutz durch direkte Order von
...Sharon den Befehl zu den Angriffen (mit Überschall-Schockbomben über dem Gazastreifen) gegeben hat.
Warum? Das bedeutet, dass die Mehrheit der Israelis sich solange nicht mit einem Genozid an ihrer
Hintertür befassen würde, solange sie nicht selbst davon betroffen ist. Das ist keine Wiederholung von Nazi-
Deutschland. Dies ist eine neue lokale israelische Version einer entmenschlichten Gesellschaft, ethisch
verstümmelt, moralisch blind, unter einer demokratisch gewählten, korrupten und faschistischen
Regierung. Dies ist das Gesicht eines jüdisch-demokratischen Staates, eines von der zionistischen
Bewegung geschaffenen Monsters.“ (dt. ER).

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Der Anwalt Michael Sfard (7.11.05 in Haaretz): „...the vast and terrible moral decline that occurred in Israel.
...I’m ashamed of my country and feel a deep guilt at the manner in which it treats human beings...”
Im November 2002 war in Maariv ein Artikel („Was habe ich getan?“) über das „Intifada-Syndrom” und
das Reha-Dorf Izun bei Cäsarea. Hier werden junge Soldaten mit schweren psychischen Störungen nach
ihrem Militäreinsatz behandelt. Vgl. auch „Breaking the Silence!“ Berichte von Soldaten, die nicht mehr
schweigen können zu dem, was sie taten bzw. tun mussten („Entmenschlichung“)...Israel Shahak sah
voraus: „My imagination is not wild enough, to predict, what they are going to do“ (3. 3.88; „The Jewish
Religion - The Weigh of 3000 Years“); Fred Schlomka (ICAHD):” One wonders where the humanity has gone
in a society that allows these atrocities (House demolitions”)
Bekanntere und andere Stimmen, die Ähnliches sagten oder sagen, sind (zuweilen mit einem Zitat oder
Stichwort desselben) Sigmund Freud; Albert Einstein: „Zionism.= Intoleranter Nationalismus“; Martin Buber
„mitten unter euch breitet sich das Unheil aus“; Jehoshua Leibowitz spricht von „Judeo-Nazis“, 2.7. 82 in Yediot
Aharonot; und von „Selbstzerstörung“,1987; Peace Now, 1980: „Faschismus darf sich nicht durchsetzen.“ Juda
Magnes, Noam Chomsky ; Abraham Burg („nationalistischer Wahnsinn“), Michael Warschawski 2*, Adi Ophir
spricht von der „kranken Gesellschaft“; Simcha Flapan (s. „Mythen und Realität“: „unsere verzerrte Sicht des
Konflikts“, 1987); Yehudi Menuhin; Daniel Barenboim; Yehoshafat Harkabi (1982): „mit der Besatzung der
Westbank begehen wir Selbstmord“). Kapeliuk, Isaak Stern, Yizhar Smilansky, 1992: „der jetzige Premierminister
ist der Feind der Zukunft Israels.“ Felicia Langer (in allen ihren Büchern), Yossi Sarid ( „the Jewish state lost his
head and Jewish heart“, 12.11.05) , Yitzak Laor: „ Schule fauler Äpfel“ (= Siedler); M. Benvenisti, (12.6.87 in Die
Zeit) sorgt sich,dass: „Israel sich in eine Apartheid-ähnliche Tyrannei und Herrenvolk-Demokratie „for Jews only“
entwickelt.“ Dan Diner spricht 1982 von „zunehmender Verrohung der isr. Streitkräfte“; Kimmerling
(„Politizide“), Ilan Pappe, Akiva Orr,1997: „der Zionismus befindet sich in einer Phase des Niedergangs.“ Ran
HaCohen: „Eine Gesellschaft am Abgrund“, Uri Avnery („Judäa gegen Israel“), Gush Shalom: „It’s a shame...“ Uri
Davis, Yitzhak Frankenthal; Gideon Levy („Ich habe Angst vor uns selbst!“ „One racist nation“, 26.3.06), Amira
Hass, Akiva Eldar (Haaretz), B.Michael („Fäulnis im moralischen Gewebe des Staates“); Meron Benvenisti („Die
Barrieren der Arroganz“); Jeff Halper, 7.11.05 in Counterpunch: „Self-destructive Features of Occupation for Israel
itself.“; Dan Diner: „Keine Zukunft auf den Gräbern der Palästinenser“, 1982; Victoria Buch; Nurit und Rami
Peled-Elhanan, Neve Gordon; Yossi Sarid 1.12.05: “to clean out the filthy stables“ (of Justice); Oren Ben-Dor:
„Zionism is an ethical Failure“ 22.10.05) Norman Finkelstein; Sarah Roy; Gila Swirski, („In Israels Seele herrscht
Anarchie“ 25.4.04); Ran HACohen („Saatkörner des Faschismus“ 20.7.05); Daniel Barenboim, Brian Klug;
Benjamin Merhav: Israel is a Zionist terror state; Marc Ellis spricht vom „Verlust des Fundaments jüdischer
Ethik“; Rabbi Jeremy Milgrom; Rabbi Arik Ashermann , Yesh Din; Reuven Moskowitz („Unrecht bleibt
Unrecht“); die Refusenics; Amir Peretz: „Die Besatzung ist ein Rezept für den Verlust menschlicher Werte“; Meir
Margalit: „Der Staat Israel ist von einem krebsartigen Rassismusgeschwür befallen“; Hajo Meyer 3* („Krisis in der
israel. Gesellschaft“) .u.a. Prof.Avraham Oz („Das ist mein Heimatland! ....“) Shulamit Aloni über Shaul Mofaz
(Yedioth Aharonot 29.7.05) “Nur in einem Land wie diesem kann ein Mörder den Posten des Verteidigungsministers
erreichen.“ Und „tatsächlich sind wir diejenigen, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit begehen.“ Yakob Rabkin:
„The Threat from Within“ ,2006; Nehemia Straßler, 21.3.06: “Israel has become a brutal occupation state”. Breaking
the Silence: “Our sense of justice was distorted.”
Und nun noch einmal zurück zur Frage am Anfang: „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ oder
schleichender GENOZID? Außer vielen anderen bestätigt nun mit klarer, eindeutiger Formulierung Shraga
Elam, (der Shulamit Alonis Artikel vom 6.3.03 („The murder of a population under the Cover of Righteousness“)
kommentiert):
“Die geplante und anhaltende ethnische Säuberung (Palästinas) erfüllt die Definition des
Genozids nach der UN-Konvention“ („Zur Verhinderung und Strafe des Verbrechens des Genozids
von 1948“).
Und fünf Nachgedanken:
1. Wird Israel durch diese Dokumentation (von mir) mit anderen Maßstäben gemessen als z.B. Ruanda und
Dafur, wo sich seit Jahren ein noch grausamerer, und keineswegs schleichender Völkermord quasi vor
unsern Augen abspielt? - Ja! Und zwar deshalb, weil Israel sich selbst als die „einzige Demokratie des Nahen
Ostens“ bezeichnet. An eine Demokratie, die noch dazu von der größten Demokratie der Welt und der
größten militärischen Weltmacht unterstützt wird, werden - nicht nur von mir -, was die Menschenrechte und

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das Völkerrecht betrifft, andere Maßstäbe angelegt. (Im allgemeinen wird Israel allerdings tatsächlich mit
anderen Maßstäben gemessen - und zwar zu seinem Vorteil; denn welches andere Land darf ungestraft die
UN-Resolutionen, die 4.Genfer Konvention, das Völkerrecht, den ICJ in Den Haag missachten?)
2. Mit dieser Dokumentation wird keineswegs das Existenzrecht Israels in Frage gestellt - allerdings wird im
Gegenzug von Israel, das am 29.11.1947 durch den UNO-Beschluss 181 geschaffen wurde, erwartet, dass es
sich zum einen an die UN-Resolutionen hält, die die Teilung des Landes, Ost-Jerusalem, eine für alle Seiten
akzeptable Regelung für die Flüchtlinge, die gerechte Verteilung des Wassers u. die Menschenrechte der
Palästinenser allgemein betreffen - und zum anderen auch erwartet, dass es sich an die Richtlinien der
4.Genfer Konvention und des Internationalen Gerichtshofes, Den Haag, hält, was den Mauerbau betrifft.
3. Wenn man diese erschreckende Dokumentation aufmerksam gelesen hat und wenn einem dabei klar
geworden ist, dass es sich um Millionen menschlicher Einzelschicksale handelt, die in vielfacher Weise seit
Jahrzehnten betroffen sind und mit ihrer Rechtlosigkeit in aussichtslose Situationen getrieben werden, dass
sie für sich und ihre Familien keine Zukunft mehr sehen - dann ist nicht mehr viel oder gar kein religiöser
Extremismus nötig, um sie zu Selbstmordattentätern, die Israel „Terroristen“ nennt, werden zu lassen. Die
Besatzung in ihren Tausenden von Ausdrucksformen von Unmenschlichkeit ist die Wurzel des Terrors -
nicht die Gene der Palästinenser (wie ein isr. General sagte). Man kann sich eher wundern, dass nicht mehr
Gewalt ausgeübt wird. Geben wir diesen Menschen ihre Freiheit und Würde zurück und die Möglichkeit, für
ihre Familien zu sorgen, und wie Menschen zu leben „öffnen wir ihnen das Fenster zum Leben“ (Mahmoud
Darwisch) - dann werden sie nicht den zu frühen, grausamen Tod suchen und andere mitreißen. Dann wird
auch das Leben der israelischen Nachbarn wieder sicherer. Immer wieder sieht es aber so aus, als wären die
israelischen Regierungen gar nicht daran interessiert, noch schlimmer: sie nehmen die eigenen Opfer zynisch
in Kauf. Würden sie sonst immer wieder neu mit ( nächtlichen) Überfällen auf Dörfer und z.B. das
Gefängnis von Jericho ( 14.3.06) und „gezielte Tötungen“ u.a. provozieren und damit der Brutstätte für
Terror neue Nahrung geben? Vgl auch Rami Elhanan, 6.3.06 in Haokets. Vgl. auch Präambel der „Allgemeinen
Erklärung der Menschenrechte“: Hier wird als „letztem Mittel gegen Tyrannei und Unterdrückung“ der
Aufstand für möglich/ja rechtmäßig gehalten.
5* vgl. auch Zitat vom jüdischen Widerstand während der Nazizeit von Arno Lustiger, S. 19 unten
Und hierzu noch eine 2.Frage: Wundert sich noch jemand, dass Israel bei seinen nicht nur arabischen
Nachbarn nicht gerade beliebt ist, dass sich dort eine anti-israelische Haltung breit macht, die bei uns
fälschlicherweise als Antisemitismus bezeichnet wird?
4. Kann dieser schreckliche, menschenverachtende, rassistische, schon sehr weit fortgeschrittene Prozess
noch aufgehalten werden? Bis jetzt sah es nicht danach aus, weil diese Politik von den USA schon immer,
und z. Zt. sogar besonders unterstützt wurde/wird. Sollte sich die isr. Regierungspolitik nach der Wahl im
März 2006 aber ändern, eine neue Regierung in der Lage sein, echte Friedenspolitik in Partnerschaft auf
gleicher Augenhöhe mit den Palästinensern zu treiben, besteht eine leise Hoffnung, die ich gerne hegen
möchte. Unterstützt werden müsste dieser Prozess aber von der EU, der UNO, den Kirchen - mit der
USA darf man kaum rechnen.(Sie ist mit ihren eigenen Kriegsverbrechen im Irak beschäftigt z.B., um nur
eines zu nennen: die Anwendung von depleted uranium, das viele entsetzlich verkrüppelte Kinder von
Geburt an zur Folge hat.)
Noch mehr unterstützt werden müssten auch die vielen kleinen, sehr wichtigen Menschenrechts- und
Friedensgruppen, die seit Jahren den Prozess unermüdlich unter großen persönlichen Opfern und oft vom
Militär und den Siedlern angegriffen, vorbereiten. (Wenn wir in Deutschland in der Nazizeit nur mehr solche
tapferen Gruppen und Einzelkämpfer gehabt hätten!) Ich selbst bin Mitglied von Gush Shalom und versuche,
dieses so gut wie möglich zu unterstützen .....
5. Ich persönlich befasse mich - nicht nur weil ich Freunde auf beiden Seiten habe - mit diesem Problem, mit
diesem und keinem anderen Konflikt, weil er die Folge der europäischen, besonders der deutschen
Geschichte ist - weil ich es nicht ertragen kann, dass ein anderes Volk, das nichts mit dem Holocaust zu tun
hat, die Folgen unserer monströsen Geschichte tragen muss. Ich denke, ich habe dies in meinem Gedicht
„Nie wieder!“ eindeutig genug zum Ausdruck gebracht (s. auch Erklärung unter der Inhaltsangabe).
( Quellenangaben und Literatur: Bertelsmann-Lexikon Bd, 19; „ Nahostkonflikt und Menschenrechte“, Vlg. Eurabia, 1981; Sabri
Jiryis: „The Arabs in Israel , 1948-66“ 4* Rohlfs, „Sag, Mutter, wie sieht Frieden aus? ...“1993 (Vorwort von Uri Avnery), Medico