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Geh heim, Mofaz!

Gideon Levy, Haaretz, 30.4.06

Sonntag 7. Mai 2006

Ehud Olmert muss schnell handeln: er muss noch einen geeigneten Posten für den abgehenden Verteidigungsminister finden. Sonst könnte Shaul Mofaz auch die Israel-Preis-Feier am Unabhängigkeitstag streichen wie er den traditionellen Empfang seines Ministeriums gestrichen hat - natürlich in Absprache mit seinen Beratern. Doch wenn Olmert noch etwas mehr Mut gesammelt hat, wird ihm klar werden, dass er keinen Grund hat, Mofaz irgend eine Position zu geben und dass Mofaz nach Hause gehen sollte. Mofaz sollte nach seinem eigenen Haus schauen, nachdem er genug für unsere Häuser und die unserer Nachbarn getan hat.

Man kann es kaum verstehen, woher Mofaz die Nerven hat, um eine „entsprechende Kompensation“ aus dem Verteidigungsetat zu bitten, das ihm gerade völlig rechtens genommen wurde. Es stimmt, dass in unserer politischen Kultur ein ranghohes Regierungsgehalt langfristig besteht und fast keiner unserer Minister zahlt einen persönlichen Preis für Fehlschläge. Noch ist Mofaz’Platz auf den hinteren Bänken seiner neuen Fraktion. Wie die beiden neuen Knessetmitglieder der Rentnerpartei sollte er erst einmal einiges über parlamentarische Arbeit lernen, bevor er um einen neuen Job bittet. Anders als diese beiden anonymen MKs hat Mofaz gegenüber Israel schon viel Schaden angerichtet.

Es gibt Länder in der Welt, wo eine Person wie Mofaz wie ein Kastenloser nach Hause geschickt wird - falls er es fertig bringt, einer Gerichtsverhandlung ( in seinem Land oder vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag) wegen verdächtigter Kriegsverbrechen auszuweichen. Hier in Israel wäre das eine übertriebene Erwartung , aber Olmert - der einen Wandel sucht - sollte wenigstens darum gebeten werden Mofaz aus seiner Regierung draußen zu halten, um sich selbst von einer moralischen Bürde zu befreien.
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Mofaz’ Opportunismus,der sogar die Norm in israelischer Politik überschreitet, ist nicht der erste Grund, weshalb Olmert ihn aus seiner Regierung draußen halten soll. Die niederträchtigen Kerle in seiner Sicherheitspolitik sind der Grund, warum er draußen bleiben sollte. Das Blutvergießen - bei Israelis und Palästinensern - für das Mofaz verantwortlich ist, ist das Maß seiner Taten als Verteidigungsministers - und diese können ihm nicht vergeben werden. Viele sind schuldig an der Brutalität der Besatzung, aber Mofaz ist deshalb besonders anzuklagen.
Während der 8 Jahre, in denen er dem Verteidigungsministerium vorstand ... tat er alles, was er konnte, um jede Chance eines Abkommens mit den Palästinensern zu verhindern. Wir reden nicht nur über seine unmenschliche Politik gegenüber dem ganzen palästinensischen Volk, aber auch über seine systematischen Bemühungen, die palästinensische Behörde zu zerstören und keine Spur davon zu lassen, damit Israel keinen Partner für den Frieden hat. Mofaz ist nicht nur für viele unnötige Opfer verantwortlich, sondern auch für die Zerstörung der Infrastruktur der moderaten palästinensischen Führung. Aus dieser Perspektive ist die Hamas-Regierung und ausweglose Situation, der wir nun gegenüberstehen, die direkte Folge
Dieser Politik. Die Person, die zur Liquidierung Yasser Arafats und das Bombardieren der Einrichtungen der Palästinenserbehörde aufrief, trägt große Verantwortung für das Hochkommen der Hamas-Alternative. Allein für dieses Fehlverhalten, hätte Mofaz längst einen Preis zahlen sollen, nämlich die Aufgabe seines Sitzes im Kabinett.

Aber da gibt es noch etwas anderes, was nicht oft diskutiert wird: man nennt es Moral. Von einem neuen und relativ jungen Ministerpräsidenten kann kaum erwartet werden, diesen vergessenen Terminus aus dem Lexikon neu ins Gedächtnis zu rufen. Das Erbe, das Mofaz den IDF und durch diese der Gesellschaft als Ganzes hinterlässt, gründet sich völlig auf der Ausübung von Gewalt. Während Mofaz’ Zeit kannte die Gewalt keine Grenzen. Die IDF eröffnete Feuer, bombardierte, liquidierte und zerstörte in alarmierenden und beispiellosen Ausmaß. Das moralische Image Israels wurde vollkommen verzerrt, und eine ganze Generation wuchs mit einem hemmungslosen Generalstabschef und Verteidigungsminister auf. Die „Reinheit der Waffen“ wurde zu einem ärgerlichen und archaischen Konzept; die IDF hörte z.B. völlig auf, Vorfälle, in denen getötet wurde, zu untersuchen und so lagen die Finger sehr leicht auf dem Abzug. ...
Was sollte nun mit Mofaz gemacht werden? Als gewähltes Mitglied der Knesset auf Kadimas Liste ist sein Platz in der Knesset. Das Schandmal auf seiner Stirn wird erst der nächsten Generation der israelischen Gesellschaft deutlich werden. In der Zwischenzeit sollte er kein Minister sein. Das ist eine Herausforderung für den Ministerpräsidenten: Lasst Mofaz draußen und erklärt warum. Möge er den Bürgern sagen, dass es jetzt in der Regierung keinen Platz für so jemanden gibt, der verdächtigt wird, für Kriegsverbrechen verantwortlich zu sein.
Die Geschichte würde sich mit großer Anerkennung an ihn erinnern.

(dt. Ellen Rohlfs)