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Von Monica Fahmy. - NaherOstenAfrika

«Propaganda, Tatsachenverdrehungen, Heuchelei»

Jeudi, 26 mai 2011 - 9h52 AM

Donnerstag 26. Mai 2011

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Benjamin Netanyahus Rede vor dem US-Kongress hat in Israel teils zu heftigen Reaktionen geführt. Der israelische Ministerpräsident wird von links und rechts kritisiert – aus unterschiedlichen Gründen.

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Der US-Kongress lag am Dienstag Benjamin Netanyahu zu Füssen, insgesamt 26-mal gab es Standing Ovations für den israelischen Ministerpräsidenten. Dies, obwohl er in seiner Rede auf Konfrontationskurs zu Barack Obama ging, der eine Zweistaatenlösung innerhalb der Grenzen von 1967 postuliert hatte. «Dass der Kongress sich offen auf die Seite eines fremden Staatsführers gegen den US-Präsidenten stellt, scheint zu weit hergeholt, um es zu glauben», schreibt «Foreign Policy Magazine». «Bemerkenswerterweise ist aber etwas Ähnliches am Dienstag in Washington passiert.»

Von einem solchen Empfang hätte Netanyahu in Israel nur träumen können, schreibt die konservative israelische Zeitung «Jerusalem Post». Sogar seine Frau habe beim Betreten des Raumes eine Standing Ovation erhalten. Demokraten und Republikaner applaudierten Netanyahu zu seinen Statements, dass die Grenzen von 1967 keine Option seien, ebenso wenig Verhandlungen mit der Hamas, und da ss die Nachfahren der palästinensischen Flüchtlinge kein Recht hätten, nach Israel zu kommen. «Obama hat ein klares Signal vom Kongress erhalten, dass wenn es um Israel geht, seine Hände gebunden sind», so die «Jerusalem Post».

Freiheit ja, aber nicht für die Palästinenser

«Netanyahus Rede vor dem Kongress zeigt, dass Amerika alles abkaufen wird», schreibt der für seine harschen Worte bekannte regierungskritische israelische Journalist Gideon Levy auf Haaretz.com. Es sei eine Rede voller Lügen gewesen. «Es ist unwahrscheinlich, dass irgendjemand sonst versucht hat, ihnen einen solchen Haufen Propaganda, Tatsachenverdrehungen, Heuchelei und Scheinheiligkeit zu verkaufen, wie es Netanyahu gestern tat.» Wie könne ein israelischer Ministerpräsident wagen zu sagen, sein Land unterstütze den Wunsch der arabischen Bevölkerung, in Freiheit zu leben, «ohne die bittere Wahrheit auszusprechen – solange es sich nicht um Palästinenser handelt».

Dass Netanyahus Rede frenetischen Applaus erhielt, zeige, dass er etliche Jahre in den USA verbracht habe – als Student, in der israelischen Botschaft in Washington und als UNO-Botschafter, schreibt der Journalist Akiva Eldar auf Haaretz .com. «Netanyahu beweist, dass er unübertroffen ist, wenn es darum geht, den amerikanischen Patriotismus, die Schuldgefühle wegen des Holocaust und, vor allem, den Wunsch der Kongressabgeordneten zu wecken, ihre engen Beziehungen zu den grossen jüdischen Organisationen zu erhalten.» Im Interesse Israels sei dies aber nicht. «Netanyahus Friedensplan führt geradewegs zu einer Beerdigung des israelisch-palästinensischen Friedensprozesses.»

«Im besten Interesse Israels»

Auch in der Knesset sorgte Netanyahus Rede für Aufruhr. Einzig der Kadima-Abgeordnete Otniel Schneller lobte Netanyahu, er habe es geschafft, für die Israelis zu sprechen, schreibt die «Jerusalem Post». Ansonsten wurde Netanyahu von links und rechts kritisiert. «Obama hat Netanyahu eine goldene Gelegenheit geboten. Er darf sie nicht verpassen», sagt der Abgeordnete der Arbeiterpartei Isaac Herzog zu diversen Medien. «Er muss Obamas Vorschlag akzeptieren, es ist im besten Intere sse Israels.»

«Netanyahus Rede vor dem Kongress war eine Wahlwerbesendung», sagt der Kadima-Abgeordnete Yoel Hasson. «Es war ein Versuch Netanyahus, den falschen Eindruck zu erwecken, dass er willens sei, Verhandlungen zu führen.» Die Politik Netanyahus werde nur zur Isolation Israels führen. Die linke Abgeordnete Zehava Gal-On bezeichnete den Ministerpräsidenten laut «Jerusalem Post» als «gefährlich» und «extremistisch». «Sogar Netanyahu weiss, dass es keinen Frieden gibt, der nicht auf den Grenzen von 1967 und einem geteilten Jerusalem fusst.»

Kein Grund, den Arabern Land abzutreten

Die Rechte sparte auch nicht mit Kritik an Netanyahus Rede. Netanyahu habe am meisten Applaus erhalten, als er sagte, dass «Israel das Land unserer Väter ist und dass Jerusalem nicht geteilt wird», sagt Michael Ben-Ari, Abgeordneter der Nationalen Union, «also gab es für ihn keinen Grund zu sagen, er sei willens, Teile unseres Heimatlandes den Ara bern zu geben». Sein Parteikollege Arye Eldad doppelt nach. Die Aufgabe von Siedlungen «wird nur die Araber ermutigen, mehr zu verlangen».

Dass Netanyahu darüber sprach, Land abzutreten, stiess auch seinen Parteikollegen sauer auf. Im Militärradio sagte der Likud-Abgeordnete Danny Danon laut Haaretz.com: «Wir wurden gewählt, um zu bewahren, nicht um zu übergeben.» Es komme nicht infrage, den Palästinensern israelische Siedlungen abzutreten. (= misc::nn_quelle %>)

Erstellt: 26.05.2011, 07:57 Uhr

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