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Lettre fort justement interpellative d’un citoyen allemand à la Chancelière de RFA

Offener Brief an die Frau Bundeskanzlerin Dr. Angelika Merkel am 31.Jan.2008

Plus qu’une complicité: un hommage d’une „république“ à un Etat spoliateur, criminel et hors la loi internationale ! (ndlr)

Donnerstag 31. Januar 2008

Hommage de repentis à de nouveaux bourreaux !

A l’occasion du 60ème anniversaire de l’Etat d’Israël, les membres du gouvernement allemand se rendront en mars 2008 en Israël pour „fëter“ cet évènement en oubliant ce que ce nouvel Etat colonialiste a fait et fait subir à ses voisins et tout particulièrement au peuple palestinien qu’il martyrise au quotidien ! (ndlr)

http://www.haaretz.com/hasen/spages/949690.html

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin

in Haaretz lese ich soeben, dass Sie mit Kabinettsmitgliedern Ihrer Regierung im März dieses Jahres anlässlich des 60. Jahrestages der Gründung des Staates nach Israel reisen werden. Einen Geburtstag von Freunden angemessen zu feiern, das ist sicher immer ein fröhlicher Reisegrund, könnte man denken.

Dass die Geschichte des Staates Israel - wie jede Geschichte - zwei Seiten hat, in diesem Fall eine sehr hässliche, bedrohliche, sollten Sie und Ihre Minister aber auf keinen Fall übersehen. Für die im Land verbliebenen oder in den besetzten Gebieten, wie fern ihrer geliebten Heimat lebenden, entwurzelten Palästinenser stellt sich der Freudentag vieler Israeli ganz anders dar. Der Gründung des Staates gingen nämlich Massaker voraus und andere, schlimmere folgten, verbunden mit unzähligen und willkürlichen Morden und Brandschatzungen, der mutwilligen Zerstörung von über 500 palästinensischen Dörfern, einer ethnischen Säuberung mit der keiner der unschuldigen Bewohner des Landes jemals rechnen konnte.

Weit über 700.000 Menschen wurden aus ihren Häusern vertrieben, meistens nur mit dem Nötigsten, was sie am Leibe trugen, wurden aus ihrer geliebten Heimat entwurzelt, in ein ungewisses Dasein. Von den Palästinensern, die bei der "Befreiung", der alten Hafenstadt Haifa von jüdischen Terrorbanden sprichwörtlich ins Meer getrieben wurden, wo ungezählte ihr Leben ließen, gibt es eindrucksvolle Fotographien. Dies war das erste "Ins-Meer-Werfen". Darüber spricht man aber in Israel nicht.

Sie sehen, was des Einen Freud’ ist des Andern Leid. Es gibt also, bei Lichte betrachtet, kaum Grund zum Feiern, vielmehr sollte das Jahr 2008 als das gemeinsame Jahr 60-jähriger Trauer über ein Geschehene sein, welches die Welt bis heute nicht zur Ruhe kommen lässt.

Ein anderer Gedanke verfolgt mich bei der heutigen Zeitungslektüre von Haaretz: Was wollen Sie den weit über 400.000 unserer Mitbürger palästinensischer Herkunft sagen, Menschen, die bis heute dem brutalen Verlust von Hab und Gut, von Würde und Heimat nachtrauern? Die in den Lagern und neuen Ghettos einer glücklichen Kindheit beraubt wurden? Das sind Menschen, Ärzte, Architekten, Akademiker, ehrliche Steuerzahler - inklusive Sonderabgabe Aufbau Ost - die nun zur Kenntnis nehmen müssen, dass die deutsche Bundeskanzlerin offensichtlich nicht nur ihre tragische Geschichte missachtet, sondern, dass es ihr auch an Mitleid(en) mit den in ihrer Würde Verletzten fehlt. Akklamation darf den Tätern nicht gelten! Nie mehr!

Ein auf Terror, Blutvergießen, Mord, Landraub und Massenvertreibung der angestammten Bevölkerung aufgebauter Staat kann weder seiner eigenen Bevölkerung, noch der Region und der Welt Frieden bringen. Solange Israel seine Gründungsgeschichte und seine seitdem geführte Kriege, Verbrechen und Völkerrechtsverletzungen nicht aufgearbeitet hat, mit den Nachbarn nicht im Frieden leben will, Apartheid statt Gemeinsamkeit pflegt, auf Überlegenheits- wahn anstelle verbindender Menschlichkeit setzt, kann nicht von Demokraten als Gleicher unter Gleichen behandelt werden.

Bitte vergessen Sie nicht die geplante und systematisch durchgeführte Massenvertreibung der am Schicksal der europäischen Juden unschuldigen Palästinenser durch die Terrorbanden von Irgun, Stern-Gruppe, Lehi begann bereits vor dem Tag der Staatsgründung und setzte sich dann in seiner heißesten Phase bis Anfang der 50er Jahre fort, nahm dann anlässlich des Blitzkrieges von 1967 neue erschreckende Ausmaße an. Und, sie dauert bis heute fort.

Alle Welt, auch kürzlich erst Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, urteilt, beurteilt die Menschen im größten Gefängnis dieser Erde, in Gaza, ohne zur Kenntnis zu nehmen, dass die Menschen in Gaza oft schon ein 3. Mal zu Flüchtlingen wurden um sich dann in diesem kargen Sandstreifen das Schicksal mit Millionen zu teilen - auch hier wieder eigenständiger Entwicklung beraubt, von Land, Luft und See gefangen, von einer unerbittlichen Militärmaschine!

Müssen wir alle uns nicht fragen, was wir aus unserer Geschichte gelernt haben? Können wir da Massenvertreibungen und Terror gegen Menschen aufgrund ihrer Zugehörigkeit oder Religion, sei es als privates oder staatliches Handeln, dulden, billigend in Kauf nehmen?

Werden Sie, wie schon früher, in das unheilig-heilige Land reisen und die Mauer der Schande nicht wahrnehmen? Werden Sie den christlichen Palästinensern Bethlehems, Nazareths, den geschundenen und ihrer Freiheit und Würde beraubten moslemischen Palästinensern einfach durch Wegschauen Ihre Verachtung erweisen? Ganz nach dem Motto: wer nicht hinsieht, hat auch nichts gesehen?

Werden Sie in Israel einen Augenblick daran denken, wer dort, wo sie gehen, wo Ihr Hotel steht, wo sie herumgeführt werden, im schönen Park, welches Dorf dort einmal stand und wo die Menschen dann blieben, die man von dort verjagt hatte, oft, nachdem man zur Abschreckung summarisch Männer, ja schwangere Frauen ermorderte, mit dem einen Ziel, die übrigen sollten, von Horror erfasst, das Weite suchen? Was viele von Ihnen dann auch taten. Viele, andere, erstaunlicherweise nicht. Man wurde sie auch mit Terror nicht einfach los.

Der bekannte israelische Historiker Ilan Pappe zeichnet dies in seinem Buch "Die ethnische Säuberung Palästinas", auf dt. im Verlag Zweitausendeins erschienen 2007 nach, gibt eine genau recherchierte Darstellung der Geschichte des Staates, dessen unehrenhafter Gründung Sie und Ihr Kabinett demnächst eine besondere Ehre erweisen werden.

Ehre wem Ehre gebührt?

Realpolitische Notwendigkeiten, sehr geehrter Frau Bundeskanzlerin, dürfen nicht Grund für feiges Schweigen sein, denn, wer bei Verbrechen schweigt, macht sich mitschuldig. Das gilt auch, wenn Sie und Ihr Kabinett dann in der Knesset feierlich empfangen werden. Dass beim Besuch unseres Bundespräsidenten in der Knesset nahezu alle Bänke der Abgeordneten leer blieben, das wird Ihnen Bundespräsident Horst Köhler sagen können - Sie haben es gewiss auch im Fernsehen gesehen, es blieb niemandem verborgen.

Nie wieder werden wir unseren Kindern, den nachkommenden Generationen, sagen können "wir haben es nicht gewusst". 60 Jahre Unrecht, da gibt es nichts zu feiern. Frau Bundeskanzlerin: lassen Sie uns gemeinsam, Juden, Christen, Moslemen und Agnostiker in Trauer verweilen um, nach 60 langen Jahren dem Recht der Palästinenser das ihnen zustehende Recht verschaffen!

Günter Schenk
5 rue des cigognes
F-67930 Beinheim
- membre du collectif judéo-arabe et citoyen pour la paix, Strasbourg
- membre de la Coordination de l’Appel de Strasbourg pour une paix juste au Proche-Orient
http://www.eutopic.net/coordination

Cc: Herrn Bundesaußenminister und Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier
Herrn Dr. Norbert Lammert, Präsident des Deutschen Bundestages
Herrn Kurt Beck, Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands
Herrn Dirk Niebel, Generalsekretär der Freien Demokratischen Partei
Frau Claudia Roth, Vorsitzende „Die Grünen“
Herren Lothar Bisky und Oskar Lafontaine, Vorsitzende „Die Linke“
Herrn Al-Fahoum, Leiter der Generaldelegation Palästinas, Berlin