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Mona El Farra, Arztin in Al Awda Krankenhaus :

Meine Mutter liegt im Sterben – und ich darf die Grenze nicht überschreiten

Barbarei !

Montag 23. Juli 2007

Meine Mutter erlebt ihre letzten Augenblicke und ich kann die Grenze nicht überschreiten.
Mein Mutter liegt im Krankenhaus. Sie ist schwer krank. Sie wurde vor drei Tagen im Krankenhaus aufgenommen und ich kann sie nicht erreichen.

Ich habe gerade eine 45tägige Vortragsreise in den USA hinter mir. Überall in den USA und bei jedem Vortrag erzählte ich den Zuhörern von unserm Leiden, vom Leben im großen Gefängnis, das sich Gazastreifen nennt. Ich erzählte ihnen über die Grenzschließungen und über die Patienten, die sterben, weil sie an der Grenze ( so lange) warten müssen. Die Grenzen sind seit über 5 Wochen geschlossen. 28 Patienten sind dort gestorben, während sie auf das Passieren des Grenzüberganges, dem einzigen zwischen Gaza und Ägypten, warten. Alle anderen Ausgänge sind komplett von der israelischen Armee geschlossen. Die Grenze wurde nur 70 mal während eines Jahres geöffnet.

Und jetzt kommt meine persönliche Geschichte dazu – zu der von 1,4 Millionen Menschen im Gazastreifen, die unter Belagerung und Besatzung, Armut, Mangel an allem, dem Morden, Schießen, der Gewalt …. leiden. .

Ich kann die Grenze nicht überschreiten, nicht die bei Rafa, obwohl ich jetzt dringend in der Nähe meiner Mutter sein sollte. Ich sollte jetzt dort sein, um ihr in jeder Weise zu helfen und um ihr „Adieu, Mutter!“ zu sagen.

Ich war immer für meine Patienten da und viele andere Leute, um ihnen zu helfen und ihnen das Leiden zu erleichtern. Nun kann ich in der letzten Stunde meiner Mutter nicht bei ihr sein – meine Hände sind gebunden. Ich bin hilflos. Ich kann nichts tun. Ich kann nur warten, warten, warten. Meine Hals ist trocken, meine Augen sind voller Tränen.

Dies ist ungerecht, unmenschlich. Es ist Besatzung. Wie kann diese gerecht und fair sein, wenn sie sich hauptsächlich auf Ungerechtigkeit, Aggression und Grausamkeit gründet?

Kann mir jemand helfen, nach Hause zu kommen? Ich müsste jetzt dringend zu Hause sein, um in den letzten Augenblicken meiner Mutter in ihrer Nähe zu sein.

Adieu, liebe Mutter, ich hoffe, du kannst in Frieden ruhen – einem Frieden, den wir in Gaza nicht haben.

Mit Liebe und Solidarität!

Mona El-Farra
Sonntag, 15. Juli 2007

Dr. Mona El-Farra ist Ärztin im Al-Awda Krankenhaus in der Stadt Gaza und zugleich Mitglied des Gewerkschaft - Komitees für das Gesundheitswesen. El-Farra schreibt regelmäßig Berichte über die aktuelle Lage im Gazastreifen.