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Palestina heute 15/03/2005

Dienstag 15. März 2005

Gaza/Ramallah/Nablus- Laut Olmert wurde der Verlauf der Sperrmauer um Jerusalem am Sonntagabend von der Ministerkommission beschlossen, zu der neben Olmert auch Verteidigungsminister Shaul Mofaz, Innenminister Ofir Pines, Wohnungsbauminister Yitzhak Herzog und der Minister für Innere Sicherheit, Gideon Esra, zählen. Auch der designierte Generalstabschef Dan Halutz und Jerusalems Bürgermeister Uri Lupolianski nahmen an der Sitzung teil.

Der beschlossene „Entwicklungsplan für Jerusalem“ sieht vor, dass innerhalb der kommenden sechs Monate auch das Grab der Rachel nahe Bethlehem von der Anlage eingeschlossen wird.

Die Sperrmauer soll auch die größte jüdische Siedlung im Westjordanland, Maale Adumim, einschließen. „Maale Adumim und sein Industriegebiet sind integraler Bestandteil Israels“, sagte Handels- und Industrieminister Ehud Olmert am Montag im staatlichen israelischen Rundfunk. Er denke nicht, dass die USA dies anders sähen, denn US-Präsident George W. Bush habe gesagt, dass die dauerhafte Regelung mit den Palästinensern die demografische Wirklichkeit widerspiegeln müsse.

Außerdem soll das von Israel nach der Besetzung Ost-Jerusalems 1967 einseitig festgelegte gesamte Stadtgebiet von Jerusalem umschlossen werden. Ausgenommen ist nur ein kleiner Sektor im Norden, in dem unter anderem das palästinensische Flüchtlingslager Shuafat liegt. Das Flüchtlingslager Shuafat am Stadtrand von Jerusalem soll von einem separaten Zaun mit einer Öffnung zur Stadt hin umzogen werden. Dieser Sektor soll jedoch über einen Korridor mit Jerusalem verbunden werden.

Israels Vize-Regierungschef Shimon Peres sagte, die Ministerentscheidung sei noch nicht endgültig. „Der Verlauf der Linie in diesem Sektor ist auf der Karte rosa und nicht rot eingezeichnet“, sagte er im Radio.

Die Sperrmauer ist international umstritten. Sie schließt mehrere palästinensische Ortschaften ein und erschwert deren Bewohnern die Mobilität. Außerdem wird befürchtet, dass Israel damit vollendete Tatsachen für den späteren Grenzverlauf eines Palästinenserstaates schafft.

Der palästinensische Chefunterhändler Sajeb Erakat warf Israel vor, den wieder aufkeimenden Friedensprozess nachhaltig zu gefährden. Erakat bemängelte, dass Israel hiermit Tatsachen schaffen wolle, die jeglichen künftigen Verhandlungen den Spielraum nähmen. Neben der Annexion von Teilen des Westjordanlandes kritisieren die Palästinenser vor allem, dass der arabische Ostteil von Jerusalem ebenfalls vom Autonomiegebiet abgetrennt werden soll. Ostjerusalem soll nach palästinensischem Wunsch die Hauptstadt ihres künftigen Staates sein, was Israel allerdings kategorisch ausgeschlossen hat. Gegen den Verlauf des Grenzzauns sind mehrere Gerichtsverfahren anhängig.

Zum Auftakt seiner Nahost-Reise hat UNO-Generalsekretär Kofi Annan gestern in Jerusalem Gespräche über den internationalen Friedensplan „Road Map“ angekündigt.

„Die jüngsten Entwicklungen haben uns alle ermutigt“, sagte Annan bei seinem Treffen mit Israels Ministerpräsident Ariel Sharon am Abend. Nun freue er sich darauf, mit Sharon und Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas daran zu arbeiten, den Friedensprozess weiter voranzubringen.

Die „Road Map“ fordert von Israel einen vollständigen Stopp des Siedlungsbaus als Voraussetzung für eine Wiederbelebung der Verhandlungen. Der Friedensplan war vor zwei Jahren von der Uno, der EU, den USA und Russland vorgelegt worden. Seine Umsetzung kam wegen der jahrelangen Gewalt zum Erliegen.

Annan hat sich nach einem Gespräch mit dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas in Ramallah optimistisch zur aktuellen Situation im Nahost-Friedensprozess geäußert. Die jüngsten Entwicklungen böten Anlass zur Hoffnung, dass es bald einen Palästinenserstaat Seite an Seite mit Israel geben könne, sagte Annan am Montag vor der Presse. Mit Abbas habe er unter anderem über den geplanten Rückzug der Israelis aus dem Gazastreifen gesprochen.

Ein weiteres Thema war die Übergabe der Sicherheitsvollmacht an die Palästinenser in fünf Städten des Westjordanlands. Diese solle rasch stattfinden, sagte Annan. Der palästinensische Außenminister Nasser al-Kidwa sagte, die Palästinenser erwarteten von Israel die Einhaltung des Völkerrechts und der einschlägigen Resolutionen des UN-Sicherheitsrats.

Vor der Mukataa, dem Sitz des palästinensischen Präsidenten in Ramallah, demonstrierten unterdessen Hunderte wütender palästinensischer Bauern gegen die von Israel errichtete Sperranlage, die weit in das Westjordanland hineinreicht.

In diesem Zusammenhang sagte UN-Generalsekretär Annan nach seinem Gespräch Abbas, die Vereinten Nationen wollten ein Register über die Schäden an palästinensischem Besitz infolge des Mauerbaus erstellen. Damit solle Menschen geholfen werden, die Rechtsansprüche geltend machen könnten. Annan verwies darauf, dass die UN-Vollversammlung sowie der Internationale Gerichtshof in Den Haag die Sperranlage als illegal verurteilt hätten.

Annan war an Bord eines jordanischen Hubschraubers in Ramallah gelandet und hatte dort zunächst einen Kranz am Grab des früheren palästinensischen Präsidenten Yassir Arafat niedergelegt.

Unterdessen hat Palästinenserpräsident Mahmud Abbas im israelischen Fernsehen um Vertrauen in seine Politik geworben. In einem Interview mit dem ersten israelischen Fernsehprogramm sagte Abbas am Sonntag, dass eine Lösung des Konflikts nur durch einen „Friedensdialog“ erreicht werden könne. „Dazu müssen Sie uns vertrauen“, appellierte Abbas an seine Zuschauer in Israel. Seine Regierung versuche alles, um im „Kampf gegen den Gewalt“ erfolgreich zu sein. Er strebe eine „gute Nachbarschaft mit Israel“ an.

In Israel haben 250 Abiturienten eine Petition unterzeichnet, in der sie ihre Verweigerung des Militärdienstes in den Besetzten Gebieten verkünden. Wie die Zeitung „Jediot Ahronot“ am Montag berichtete, sind viele der Unterzeichner Schüler von renommierten Gymnasien. In ihrer an Ministerpräsident Ariel Scharon und Verteidigungsminister Schaul Mofas gerichteten Petition schrieben sie demnach, sie weigerten sich, „an der Besetzung“ des Westjordanlands und des Gazastreifens teilzunehmen. Die Abiturienten begrüßten den geplanten Abzug Israels aus dem Gazastreifen und aus vier Siedlungen im Westjordanland. Allerdings bedeute dieses Vorhaben kein Ende der Besatzung, betonten die Schüler.

(dpa/AFP/AP/Reuters/WAFA)

Palästina Heute 13.03.2005